Wie aus einer "bekloppten Idee", so Landesbischof Meister selbstironisch, eine für alle Seiten wertschätzende und bereichernde Begegnung werden kann - dafür steht die Aktion "25.000 Kerzen" aus der Bischofskanzlei in Hannover. In den Wochen vor Ostern ist Bischof Ralf Meister (regelmäßig Corona-getestet und mit E-Auto) in der Fläche der Landeskirche mit 10.000 Osterkerzen im Gepäck unterwegs. Je 100 Stück verteilt er an 100 Gemeinden die sich in der Bischofskanzlei gemeldet hatten - alle anderen Gemeinden erhalten ein Paket. "Die Osternachtskerzen, die ich mitbringe, sind kleine Zeichen der Hoffnung: Gott lässt uns in dieser Zeit nicht allein. Sein Licht durchdringt alle Dunkelheit und lässt es hell werden. Das war und ist eine zentrale Botschaft der Passions- und Osterzeit. In unserer aktuellen Situation spüren wir ganz konkret, wie sehr wir diesen Trost und diese Zuversicht brauchen," so der Landesbischof.
Von der Resonanz auf seine Idee war er selbst überrascht: Innerhalb von vier Tagen hatten sich auf seine Anfrage 250 Kirchengemeinden aus allen Regionen der Landeskirche gemeldet. "Matthäus" hatte Glück und landete auf einer der 18 Tagestouren, die Ralf Meister bis Ende März absolviert. Alle Kirchengemeinden, die er nicht besuchen kann, erhalten die Pakete mit jeweils 100 Kerzen per Post.
"Ich finde es weit mehr als eine nette Idee, dass der Landesbischof persönlich die Kerzen vorbeibringt. Es ist ein Zeichen an die Gemeinden vor Ort, an die Basis. Und es ist ein kleines Hoffnungszeichen - wie die Osterkerze selbst ein Hoffnungszeichen ist," sagt Pastor Matthias Groeneveld und hofft, die Osterkerzen in der Osternacht von Karsamstag auf Ostersonntag in der dunklen Kirche verteilen zu können.
Am Montag nachmittag hielt das Bischofsauto pünktlich um 17.00 h vor der Kirche, empfangen wurde Landesbischof Meister von Mitgliedern der Matthäus- und der Paulusgemeinde, die ihre Termine zusammengelegt hatten. Meister übergab die Kerzen im Altarraum an Pastor Groeneveld und Pastor Kümmel. In seiner kurzen Ansprache erläuterte er, wie es zu der Aktion gekommen war und wie trostreich erzählte Geschichten und gemeinsame Erinnerungen sind. "Trost hat auch etwas Himmlisches", sagte Friedemann Neuhaus, KV-Vorsitzender von Matthäus und überreichte dem Bischof eine Packung "Himmlischer" von Leysieffer als Dank für seine Stippvisite.
"Die Besuche in Kirchengemeinden, der Austausch mit Gemeindemitgliedern, gemeinsame Gottesdienste und Andachten zu feiern sind für mich mit die wichtigsten und schönsten Aufgaben als Landesbischof. Das war in den letzten zwölf Monaten leider kaum möglich. Deshalb bin ich sehr dankbar, dass jetzt wenigstens diese kurzen Aufenthalte in Kirchengemeinden möglich sind, auch wenn es nur mit Maske und auf Abstand ist. Und ich freue mich sehr, dass mich auf meine sehr spontane Anfrage hin so viele herzliche Einladungen erreicht haben."
Ach ja und so kam es zu der "ziemlich bekloppten Idee": Aus irgendeinem Grund war Landesbischof Ralf Meister auf dem Weg zum Trauerbesuch bei einem sehr guten, alten Freund ein früheres Lied aus der Konfirmandenzeit in den Sinn gekommen: "10.000 Kerzen" heißt es, kaum einer kenne es heute noch, bei ihm sei es hängen geblieben und wurde schließlich die Initialzündung für diese Idee in der Passionszeit, erläuterte der Bischof. Es sei eine ziemlich spontane Geschichte gewesen, von der er seine Mitarbeitenden aber überzeugen konnte. Am 19.2. startete er seine erste Tagestour. Die Begegnungen vor Ort bezeugen, dass "bekloppte Ideen" bisweilen unerwartete, gute Wirkungen zeigen.
(Brigitte Neuhaus)